Publikationen

Publikationen

„Längst ist Genoux in Hagenwerder kein Fremder mehr, eher ein Kuriosum. Die Leute können ihn nicht verorten: Mit seiner Freundin spricht er Russisch, er isst Hackbraten und trinkt Pfeffi wie ein Einheimischer. Genoux sagt: „Ich habe in Sachsen keine Rassisten getroffen. Ich habe nur Menschen getroffen, die Angst haben vor Fremden.“ Vor Fremden oder Fremdem? – „Beides.“ Viele hätten noch nie mit einem Geflüchteten geredet, glaubt er. „Man bekommt Hilfsbereitschaft nicht hin, indem man mit dem Finger auf Leute zeigt.“ Und hilfsbereit sind die Leute, darauf schwört er.“
„Georg Genoux hat Hagenwerder entdeckt. Den alten Kohlebagger, der als Industriedenkmal an der B 99 steht. Die Wohnblöcke aus den 1970er Jahren für die Bergleute und Kraftwerker. Er hat die leeren Fenster gesehen, aber auch die alte Dame, die sich, geschminkt, geschmückt, frisiert, aus dem Fenster lehnt und in die Welt schaut. Und er hat die kleine Kneipe des Görlitzer Ortsteiles entdeckt. „Da gibt es leckeren Hackbraten“, sagt er. Und dort trifft er auf die Menschen und ihre Geschichten: von der einst guten und gut bezahlten Arbeit im Tagebau oder im Kraftwerk, vom Niedergang der Industrie nach der Wende, von Arbeitslosigkeit, Scheidung, Suff. Aber auch von einer rauen Herzlichkeit. So zitiert er einen Stammgast in seinem Tagebuch: „Wir sind hier Kumpels wie Sau. Aber wenn man sich es hier mit uns verscherzt, kann es sehr lange dauern, bis man wieder dazugehören kann.“
"Während der Berlin-Premiere erzählt Genoux: „Mit Hilfe von Gegenständen wollten wir unseren Protagonisten ein Instrument in die Hand geben, das ihnen helfen konnte, einen Zugang zur eigenen Geschichte zu finden. Und das ist gleichzeitig ihre Stütze, als ob sie an diesen Dingen festhalten, während sie sprechen“. Sie bezeichnen diesen Ansatz als therapeutisch: den Opfern der Situation helfen, Helden ihrer eigenen Biographie zu werden – das war der Sinn."

"Documentary theatre has developed from а niche experiment for a narrow audience to a definite trend that has notably evolved onstage practice at the heart of which are documentary interviews........The activity of Theatre of Displaced People (the work of director Georg Genoux and playwright Natalia Vorozhbyt) played an important role in the development of this movement. The fundamental focus of this team has become the war in the East of Ukraine and the fate of people who have fallen under the wheels of history. The activity of the Theatre of Displaced People has gone far outside the frame of theatrical form. It has also become a centre of psychological adaptation for people from the East and Crimea as well as the envoy of peace in areas close to the conflict zone. Free from loud declarations and bathetic announcements, the team has done much more in the matter of establishing dialogue and exhibiting loyalty to displaced people from Donbass than all the state programmes put together…"
"Normal troupes are united in their professional training as actors. Here, the bonds are deeper. The Theater team is united by a shared worldview and values rather than a collective theatrical education. Since the very beginning, Georg and Natalya’s initiative attracted people who felt that a traumatized Ukrainian society needed creative ways to reflect on what was happening. "
"In der Schule werden sie ein Theaterstück aufführen. Es soll davon handeln, wie Nikolajewka, ihre Stadt, erst von Separatisten besetzt, dann von der ukrainischen Armee zurückerobert wurde. Das Stück soll zeigen, wie sie alle damit fertig werden, was hier im Sommer 2014 geschah."
"During lunch at the school’s cafeteria, where a two-course meal costs less than 20 cents, Genoux and Vorozhbyt said that teenagers who have seen the war are more compassionate than those living in the peaceful cities. “They listen carefully, they support each other. There’s no bullying in this school,” Vorozhbyt said. The teenagers who agreed to participate in this project were freed from their classes to talk to the director and the screenwriter about their personal experiences. Genoux said there had been laughter and tears during these talks. He added that they choose for the show only those stories that the children are comfortable sharing with a big audience. “This is sacred for me and Natasha,” Genoux said."
"Genau das ist der Ansatz unseres Thea­ters, in dem wir viel mit erfah­renen Kriegs­psy­cho­logen aus der Ukraine zusam­men­ar­beiten, z.B. mit Aleksej Karačinskij. Die Flücht­linge werden auf der Bühne zu Helden ihrer eigenen Biografie. Sie schreiben selbst an ihren Texten, verba­li­sieren die Gescheh­nisse und präsen­tieren diese Texte einem Publikum, das durch den Krieg im eigenen Land direkt betroffen ist. Im besten Fall entwi­ckeln sich bei der Arbeit an der eigenen Biografie und deren Darstel­lung neue Lebens­per­spek­tiven."
"Auf der Bühne wünscht sich Jelzin inzwischen als weitere Mitspieler den "Wandel" und den "Putsch". Nach dem Parlament, mit dem auch der echte Präsident immer mal wieder auf Kriegsfuß stand, ruft er nicht. Aber ohnehin geht es hier nicht um historische Wahrheit, sondern um spontanes Spiel. "Ich bin der Putsch", ruft ein Schüler, der so harmlos aussieht, dass alle Zuschauer lachen. "Wie fühlt ihr euch in euren Rollen?", fragt Arman. "Ich spüre Macht, aber ich weiß nicht, was ich nun damit machen soll", antwortet Jelzin hilflos. Dann ruft er: "Wir brauchen ein Volk!" Ein korpulenter Mann in weißem Hemd stellt sich breitbeinig auf die Bühne: "Ich bin das Volk.""
"Georg Genoux knows best where he succeeded and where he failed. I wouldn't have an opinion on that. I will say this: If theater and the public discourse that surrounds it are more open, more grounded in reality, more inquisitive and more demanding than they were a decade ago, Genoux can take credit for being one of those individuals who fostered that change."
Share by: